Nicht nur der Konsum verändert das Klima, auch der Klimawandel verändert das Konsumverhalten der Menschen. Für 72% der Österreicher ist der Klimawandel eine klare Tatsache. Wie stark sich der Klimawandel auf das Konsumverhalten der Menschen und damit auf die Wirtschaft auswirken wird, zeigt eine aktuelle Studie des Wiener Marktforschungsinstitutes SDI-Research.
Während Klimaexperten noch über das Ob und Warum der Klimaveränderungen diskutieren, sind die Klimaveränderungen für die Österreicher eine ausgemachte Tatsache.
72% der Österreicher sehen den Klimawandel als gegeben an, weitere 17% als möglich, aber – zumindest noch – nicht als klar erkennbar. Auffallend hoch ist auch die Zahl jener, die innerhalb der nächsten Jahre massive Klimakatastrophen in ihrer Heimat befürchten: 61% rechnen mit dramatischen Ereignissen und Veränderungen, 28% gehen sogar fix davon aus.
Auf Grund dieser Einschätzung ist die Mehrheit von einer Veränderung der Lebensbedingungen in unmittelbarer Zukunft überzeugt. 52% sehen durch den Klimawandel große Veränderungen in ihrem Leben auf sich zukommen.19% sehen zwar den Klimawandel als gegeben an, ohne aber persönliche Konsequenzen für sich zu sehen.
Sollte sich das Wetter entsprechend der Prognosen entwickeln, muss von einer nachhaltigen Veränderung des Konsumverhaltens ausgegangen werden. Nicht unmittelbar wegen des Klimas, sondern wegen der daraus resultierenden Änderungen des Konsumverhaltens. Klare, dahin gehende Ergebnisse der Studie und der zusätzlich zur quantitativen Erhebung durchgeführten Tiefeninterviews, führen zu diesem Schluss.
Als Verursacher des Klimawandels wird in erster Linie die Industrie (45%), dann der Verkehr (30%) und zuletzt die Haushalte (21%) angesehen. Regional gelten die USA (74%) als die größten Klimasünder, gefolgt von Asien (44%) und Europa (36%). Südamerika (24%), Russland (21%) Afrika (11%) und Australien (5%) werden als nicht bedeutende Klimasünder eingestuft.
Die Wahrnehmung der Klimaveränderung hat drei Phasen durchlaufen: Ignoranz, Verneinung und nun Arrangement. Es ist bemerkenswert, wie sich die Menschen innerhalb weniger Jahre mit dem Klimawandel abgefunden haben. Jetzt ist man zwar besorgt, aber man arrangiert sich und überlegt, wie man damit umgeht. Was man auf breiter Basis vermisst, ist die Phase des Widerstandes und des Protestes – zumindest jetzt noch. Diese Entwicklung der Perspektive des Klimawandels seit 1985 ergab sich aus Sicht der Bevölkerung.
Schon jetzt ändern die Menschen ihr Konsumverhalten in Folge des Klimawandels. 52% der Befragten sind sich sicher in den nächsten Jahren ihr Leben verstärkt darauf einrichten zu müssen. Nach Angabe der befragten Österreicher sind die am stärksten betroffenen Bereiche die Winter- und Sommerurlaube, Energie, Bauen und Wohnen, Sport und Freizeit sowie Versicherungen.
Weitere, wesentliche Änderungen in den Lebensumständen werden in den Bereichen Ernährung, Gesundheit, Sicherheit und Politik aber auch in alltäglichen Dingen, wie Bekleidung, Informationsverhalten und Unterhaltung oder Telekommunikation gesehen.
Die von den Konsumenten angenommenen Veränderungen ihrer Lebensbedingungen und ihres Konsumverhaltens sind zum Teil subtil, zum Teil aber erwartet man gravierende Zäsuren des bisher Gewohnten und Alltäglichen. Die wichtigsten Ergebnisse der Tiefeninterviews aufgeschlüsselt nach Branchen sind:
verstärktes Augenmerk auf klimasichere Regionen, späteres, wetterabhängiges Buchen, Bevorzugung klimastabiler Ferndestinationen oder klimaunabhängiger Reisen wie z.B. Kreuzfahrten, verstärkte Nachfrage nach Städte- und Kulturreisen, Wichtigkeit der Ausstattung der Hotels (Indoor) nimmt zu, weiterhin verstärkter Trend zu Kurzurlauben.
verstärkte Nachfrage nach schneesicheren Regionen, begleitende Unterhaltungs- und Alternativangebote werden bei den Buchungen als wichtig eingestuft. Auch im Winter späteres, von der Schneelage abhängiges Buchen, Tagesskiausflüge und Kurzurlaube werden wieder zunehmen. Von Beherbergern werden zunehmend Indoor-Unterhaltung und geschlossene Sporträume nachgefragt, von den Regionen umfangreichere Unterhaltungsangebote, Gastronomie und Events. Für den Sporthandel wichtig: Wintersportgeräte - Ski, Snowboards - werden immer kürzer vor Urlaubsantritt gekauft oder nur mehr geliehen. Als Alternative zum unsicheren Winterskiurlaub werden Ferndestinationen in warme Regionen verstärkt wahrgenommen.
Steigende Energiekosten aber auch eine abnehmende Versorgungssicherheit in Folge von Unwettern, Überschwemmungen und Leitungsüberlastungen prägen die Vorstellungen und Erwartungen der Österreicher. Zusätzliche Investitionen in Notstromversorgungen werden vor allem von Eigenheimbesitzern für die Zukunft als wahrscheinlicher erachtet.
Mehr Sicherheit beim Bauen, im Sinne einer robusteren Bauweise gegen Stürme und Wasserschäden wird nach Ansicht der Betroffenen erforderlich sein. Hinzu kommt die Notwendigkeit einer besseren Wärmedämmung gegen Kälte und steigende Energiekosten sowie die Anschaffung von Klimageräten für extreme Hitzeperioden. Die wachsende Notwendigkeit der Anschaffung von Solaranlagen, Wärmepumpen etc. wird allgemein geteilt.
Sowohl in Zusammenhang mit dem Wintersport aber auch mit Hitze im Sommer, unbeständigem Wetter und Regen sehen die Befragten in den Tiefeninterviews einen Trend hin zu Indoor-Sport und modernen Eventsportarten, die vom Klima unabhängiger sind. Das Freizeitverhalten wird sich demnach noch weiter - sowohl im Sommer als auch im Winter - in Einkaufs- und Unterhaltungszentren verlagern.
Das Einkaufsverhalten passt sich den Wetterbedingungen an. Die Saisonen verschwimmen in den Augen der Konsumenten. Während der Bedarf an Sommermode als stabil oder sogar wachsend erachtet wird, orientiert sich das Kaufinteresse nach Winterbekleidung - auch nach Schuhen - an der Wetterlage. Klassische Saisonen und Abverkaufszeiten werden obsolet.
Vor allem Eigenheim- und Kraftfahrzeugbesitzer aber auch Landwirte, Winzer und Gewerbetreibende gehen von steigenden Prämien für Versicherungen gegen Hagel, Sturm und Wasserschäden aus. Auch Personen außerhalb dieser unmittelbar betroffenen Gruppen sehen einen steigenden Versicherungsbedarf gegen Unwetter auf sich zukommen.
Mehrheitlich geht man von steigenden Kosten für Lebensmittel aus. Die steigende Bereitschaft zum Kauf naturnaher oder biologischer Lebensmittel wächst parallell mit der Sorge nur mehr industriell hergestellte oder verstärkt gentechnisch veränderte Produkte zu erhalten. Auch hinsichtlich des Getränkekonsums sieht man die Zukunft der preisgünstigen Trinkwasserversorgung zwar nicht unmittelbar, jedoch langfristig gefährdet.
Verbreitet ist die Erwartung des klimabedingten Imports „exotischer" Krankheiten und Krankheitserreger aus wärmeren Regionen. Ein steigender Bedarf an pharmazeutischen Produkten und Impfungen, die bislang nur für Reisen in tropische Länder erforderlich waren wird für wahrscheinlich gehalten. Die Wetterschwankungen werden besonders für ältere Personen, Kinder und Personen mit schlechtem Gesundheitszustand als gefährlich eingestuft.
Skeptisch zeigt man sich hinsichtlich politischer Veränderungen. 18% rechnen mit einem deutlichen Anstieg von Klimaflüchtlingen aus besonders schwer betroffenen Gebieten der Erde. Aber auch Absiedelung aus Gebieten innerhalb Österreichs, die wiederholt von Überschwemmungen betroffen sind, hält man für möglich.
Obwohl der Verkehr subjektiv nicht als gleichrangig umweltbelastend angesehen wird, gehen die Österreicher auch in diesem Bereich von großen Veränderungen in Zukunft aus. Während man eine Einschränkung des Individualverkehrs wie zur Zeit der Ölkrise 1973 als weniger wahrscheinlich ansieht, werden steigende Kosten, als unbeliebt aber möglich gesehen. Große Hoffnungen setzt man in die technische Entwicklung, ohne allerdings praktikable Alternativen zu sehen.
„Bei näherer Betrachtung der Aussagen und Erwartungen der Bevölkerung, werden in unserem eng vernetzten Wirtschaftssystem nur die wenigsten Branchen und Bereiche nicht betroffen sein. Wie immer wird es auch hier Klimaverlierer und Klimagewinner geben. Im Sinne von Wohlstand, Sicherheit und sozialem Frieden wäre es hoch an der Zeit die kritischen Bereiche vorsorglich und aktiv auf die kommenden Änderungen vorzubereiten und zu schützen", resümiert Oskar Villani, Geschäftsführer von SDI-Research die Ergebnisse der Studie.
Dokumentation zur Umfrage:
n=750 quantitative tel. Interviews, repräsentativ für die österreichische Bevölkerung von 16-60 Jahren. 155 qualitative Interviews.
Erhebungszeitraum 3.- 22. November 2006
Maximale Schwankungsbreite für n=750: ±3,7%
Kontakt:
Dr. Oskar Villani
SDI-Research
Telefon 01/272 51 52 - 0
email: o.villani@sdi-research.at
Das durchschnittliche Wunscheinkommen der Österreicher beträgt 2.650
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